Haushaltsrede 2021

Bocholt, 16.12.2020

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kerkhoff,
Sehr geehrte Kolleg*innen Stadtverordnete,
Sehr geehrtes  Publikum,

zunächst einmal möchten wir Grüne uns bei der Kämmerei und besonders bei dem stellvertretenden Kämmerer Herrn Heidemann für die sorgfältige und umsichtige Aufstellung des Haushaltsplans 2021 bedanken.

Nicht nur, dass wir zur Zeit in Bocholt keinen Kämmerer haben, hat das Jahr 2020, welches als Corona-Pandemie Jahr in die Geschichte eingehen wird, nicht nur Herrn Heidemann vor große Herausforderungen gestellt.

Hier möchten wir uns bei der Verwaltung und auch bei der Wirtschaftsförderung bedanken für ihr großes Engagement. 

Für uns Alle ist dieses Jahr ein denkwürdiges Jahr, wir werden es wohl nie vergessen.

Ganz besonders möchten wir Grüne uns auch bei den Bocholter*innen für die große Solidarität bedanken, die zurzeit und ganz bestimmt auch über die Feiertage gelebt wird.

Überhaupt: Was wäre Bocholt ohne seine ehrenamtlichen Helfer*innen?

Ohne den unermüdlichen Einsatz dieser Menschen in den rettenden, schützenden, sozialen, ökologischen, kulturellen, sportlichen, kirchlichen und nachbarschaftlichen Bereichen wäre Bocholt nicht die lebens- und liebenswerte Stadt, in der wir leben dürfen.

Auch wenn Corona uns noch fest im Griff, hat dürfen wir auf keinen Fall den  Klimawandel und das dramatisch fortschreitende Artensterben vergessen. Werden diese Krisen doch von der Wissenschaft als die größten Herausforderungen dargestellt, vor die die Menschheit jemals gestellt worden ist.

GLOBAL DENKEN – LOKAL HANDELN das war unser Motto im vergangenen Kommunalwahlkampf.

Aussagen wie „Den Klimawandel kann man in Bocholt nicht bekämpfen“ sind kontraproduktiv, ja gefährlich. 

Da wird die Verantwortung an höhere Instanzen oder andere Länder und Kontinente abgeschoben, weil man ja selbst nichts tun kann.

Unsere Generation, wir Alle sind die letzten, die überhaupt noch darüber entscheiden können ob unsere Kinder, Enkel und Urenkel sauberes Wasser trinken können.

Genügend Fläche zur Verfügung haben, um ihre Lebensmittel zu produzieren oder saubere Luft zum atmen haben.

Auch in Bocholt ist der Klimawandel schon lange angekommen.

Wir alle spüren, dass das Wetter extremer wird. Hochwasser, Dürrejahre, all das wird in den kommenden Jahren verstärkt auf uns zu kommen.

Darum begrüßen wir GRÜNE, dass die Verwaltung unseren Antrag, 100.000 Euro für eine Stromversorgung im Notfall einzustellen, ausdrücklich.

Nach den Dürrejahren sinkt der Grundwasserspiegel stetig.

Unsere Bäume leiden und viele von den Bäumen werden diesen Winter nicht überleben.

Der ESB tut alles, um das zu verhindern, auch wird sehr viel Geld für unsere Bäume hier in Bocholt ausgegeben, um sie zu erhalten.

Waren es in 2014 noch ca. 300.000 Euro, die der ESB für die Pflege der Bäume aufwenden musste, sind die Kosten auf deutlich über 600.000 Euro in 2019 gestiegen. Davon waren ca. 130.000 auf Sturmschäden zurückzuführen.

Da ist der Stadtwald noch gar nicht mit eingerechnet.

Trotz des enormen finanziellen Aufwandes: Die Fichten werden in unserer Region aussterben. Die Eichen, der Ahorn und auch unser Wappenbaum die Buche sind krank und stark gefährdet.

Für uns Grüne ist es daher nicht nachvollziehbar, dass vor so einem Szenario weiterhin an dem Bau des Nordringes festgehalten wird und im Haushalt 1,7 Mill. Euro dafür zur Verfügung gestellt werden.

Hier wird ein Grüngürtel vernichtet, der gegen die Erhitzung unserer Stadt wichtige Dienste leisten kann.

Ein im November 2019 veröffentlichter Monitoringbericht der Bundesregierung zum Klimawandel beziffert erstmals die hitzebedingten Todesfälle:

Im Jahr 2003 sind durch die Hitze in Deutschland statistisch 7500 Menschen vorzeitig gestorben, 2006 und 2015 haben heiße Sommer statistisch je 6000 zusätzliche Todesfälle gefordert.

So viele Blühstreifen, Tiny-Forrest usw. können wir gar nicht anpflanzen, um so einen natürlich gewachsenen Grüngürtel auch nur ansatzweise auszugleichen.

Auf den finanziellen Aufwand für solche Maßnahmen möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen.

Trotz einiger positiver Tendenzen ist für uns eine ehrliche Verkehrswende nicht erkennbar. Hier werden immer noch Finanzmittel für ein rückwärtsgewandtes Handeln zur Verfügung gestellt. 

Das können wir GRÜNE nicht mittragen und lehnen den Haushalt aus diesem Grunde ab.

Meine Damen und Herren,

eine Stadt mit gutem Klima und viel Grün gehört auch zu den weichen Standortmerkmalen um neue Unternehmen hier in Bocholt anzusiedeln.

Für Bocholt ist es nahezu überlebenswichtig, neue Betriebe anzusiedeln und alteingesessene Betriebe in Bocholt zu halten.

Dazu braucht es Gewerbegebiete, Wohnraum, Kitas, Schulen, Senioreneinrichtungen usw.

Auch dass der Gesundheitscampus in Bocholt realisiert wird, begrüßen wir GRÜNE ausdrücklich und werden dieses Projekt weiterhin unterstützen. 

Unsere Landesregierung hat die Kommunen in NRW nach der Situation in ihren Innenstädten befragt. 

Eine wichtige Erkenntnis dieser Umfrage: Die reibungslose An- und Abfahrt mit dem Auto in die Innenstadt wird für die Menschen immer bedeutungsloser. 

Der öffentliche Nahverkehr wird in den nächsten Jahren immer wichtiger werden.

Da muss Bocholt investieren und sein Mobilitätskonzept in die richtige Richtung umsetzen.

Ein besonderes Anliegen ist uns Grünen dabei die sichere Unterbringung von Fahrrädern in der Innenstadt. 

Wirtschafts- bau- und verkehrspolitische Entscheidungen haben fast immer Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen in Bocholt. 

Hier brauchen wir eine stärkere Bewertung der Relevanz für den Klimaschutz bei den Beschlussvorlagen.

Hier sei auch das Industriestammgleis erwähnt, welches ein gutes Beispiel ist, dass ökologische und ökonomische Ziele nicht im Widerspruch stehen. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Bocholter Unternehmen angesichts steigender CO2-Kosten in Zukunft auf das Gleis zu Wahrung Ihrer Wettbewerbsfähigkeit angewiesen sind. Haben wir mit dem Erhalt des ISG den Mut zu einer weitsichtigen Entscheidung zum Wohle unserer Umwelt und unseren heimischen Unternehmen!

Die Bedeutung der Digitalisierung ist in vielen Haushaltsansätzen deutlich geworden. Wir Grüne sehen die Digitalisierung als Chance, die es aktiv zu nutzen und zu gestalten gilt. Sie dient einerseits der Sicherung einer funktionsfähigen Verwaltung in Zeiten eines bevorstehenden demographischen Wandels (viele MA der Verwaltung gehen in den nächsten Jahren in Pension), optimiert Prozesse auch im Hinblick auf die Verwaltungskosten und schafft neue Services für Bürger*innen und Arbeitgeber*innen. Wir begrüßen daher ausdrücklich die Schaffung eines Digitalausschusses.

Im Bereich Sport freuen wir uns über den bevorstehenden Bau einer überdachten Freizeitanlage für alle Bocholter*innen auf dem Gelände von TuB Bocholt. Dies schafft Anreize zur sinnvollen Freizeitgestaltung gerade auch für Jugendliche. Wir möchten der Verwaltung auch unseren Dank aussprechen, dass ihr die Finanzierung aus Landesmitteln gelungen ist.

Für uns Grüne ist die Abschaffung des Ausschusses für Gleichstellung von Frau und Mann ein No Go!

Setzt es doch ein falsches Signal in einer Zeit, in der es kaum Frauen in Vorständen gibt und auch hier in der Stadtverordnetenversammlung sind Frauen in der deutlichen Minderheit.

Wir hätten diesen Ausschuss gerne aufgewertet und neben den sogenannten Queer-Themen auch den inklusiven Gedanken hier verortet.

Als Bürgermeisterkandidatin durfte ich die beeindruckende Erfahrung machen, wie schwer es ist,  z. B. als sehbehinderter Mensch durch die Bocholter Innenstadt zu gehen.

Für eine bunte und weltoffene Stadt wie Bocholt muss gesellschaftliche Teilhabe aller Gruppen zur Selbstverständlichkeit werden.

Durch Corona werden im nächsten Jahr auch in Bocholt Soloselbstständige und Künstler Hartz 4  beantragen müssen, da sie über Monate keine Einkünfte haben und oft durch das Raster der Unterstützungskriterien von Bund und Land fallen. 

Das müssen wir in Bocholt im Blick haben und gegebenenfalls Unterstützung anbieten.

Die häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder nimmt in der Pandemie zu. Gerade die Pandemie bedingten Ausfälle des Schulunterrichts und der Kita – Betreuung führen oft zu stressigen Situationen bei der Organisation der Kinderbetreuung, dem Haushalt und dem Beruf und können auch zu psychischen Krankheiten führen.

Die Pflegekräfte und Ärzt*innen im Bocholter Krankenhaus, in Seniorenheimen und ambulanten Pflegediensten sind an Ihrer Belastungsgrenze.

Ihnen gilt unser Dank und große Anerkennung ihrer Arbeit. Wir Grüne werden alles dafür tun, dass sich das in ihren Arbeitsbedingungen und auch an der finanziellen Anerkennung widerspiegelt.

Gestatten Sie mir zum Schluss noch einen erfreulichen Ausblick in das Jubiläumsjahr 2022: Die Planungen laufen schon seid geraumer Zeit. Wir Grüne möchten uns hier für eine klimafreundliche, ereignisreiche und unvergessliche Feier einsetzen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wünschen allen Bocholter*innen  frohe und besinnliche Feiertage.

Bleiben Sie gesund!

Monika Ludwig
Fraktionssprecherin 

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