Gremium: Ausschuss für Planung, Bau & Verkehr
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Mangen,
Sehr geehrte Damen und Herren,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragen eine intensive fachliche und sachliche Auseinandersetzung mit und Prüfung der Argumente für eine Reaktivierung der Bahnstrecke Bocholt-Rhede-Borken-Münster. Hierzu sollen sowohl Vertreter des NWL eingeladen werden und sich zur Realisierbarkeit einer Bahnanbindung und den Machbarkeitsstudien von 2020 und 2024 äußern als auch Vertretern der Westmünsterlandbahn Gelegenheit gegeben werden, ihre Position im Ausschuss für Planung Bau Verkehr darzulegen.
Begründung:
Unter den Bocholter Bürgern besteht nach wie vor ein intensiver Wunsch nach einer Bahnanbindung nach Borken und perspektivisch nach Münster. Die von der Westmünsterlandbahn in Auftrag gegebene Analyse der Gutachten zur Reaktivierung der Bahn – interessierten Bürgern und Politikern am 6.11.025 im Europahaus vorgestellt – mit dem Ergebnis, dass bei Zugrundelegung anderer Parameter eine Wirtschaftlichkeit der Reaktivierung herausgekommen wäre, hat zur Folge, dass der Beschluss zum Bau des Radschnellweges (RS) auf der alten Bahnstrecke erneut in Teilen der Bocholter Bürgerschaft und Politik diskutiert wird.
Die Entscheidung für einen Radschnellweg (RS 2) ist in der Bocholter Ratssitzung vom 01.09.2021 mit einer Mehrheit von 25 gegen 23 Stimmen erfolgt.
Dieser Beschluss erfolgte auf Grundlage der Information, dass eine Reaktivierung der Bahnstrecke wirtschaftlich nicht vertretbar sei.
Im Gutachten des NWL von 2020 wurde von einer „faktischen“ Entwidmung der Bahnstrecke ausgegangen. Aus dieser Annahme der „faktischen“ Entwidmung resultierte die Prognose, dass eine Reaktivierung der Bahn nicht wirtschaftlich sei und deshalb der Radschnellweg gebaut werden könne.
Die Information, dass eine Reaktivierung der Bahn unwirtschaftlich sei, war u.a. auch eine wesentliche Grundlage für das Abstimmungsverhalten eines Teils der Stadtverordneten in Bocholt. Zudem wurde nach dem Ratsbeschluss durch die Verwaltung mitgeteilt, dass die bereits gefallene Entscheidung pro RS2 noch durch eine Entwidmung über das Eisenbahn-Bundesamt bestätigt werden müsse. Diese Entwidmung ist bis heute nicht erfolgt.
Allein diese Vorgehensweise hat zu Zweifeln innerhalb der Bürgerschaft und Politik geführt, dass bei umfassender Kenntnis der Rechtslage und des Zustandekommens der Aussagen des NWL zur Wirtschaftlichkeit der Strecke die Entscheidung im Stadtrat pro Radschnellweg erfolgt wäre.
Inzwischen liegt die von der Westmünsterlandbahn in Auftrag gegebene Analyse der Methodik der Machbarkeitsstudien zur Reaktivierung der Bahnverbindung Bocholt-Rhede-Borken vor. Diese von der Transport Technologie-Consult Karlsruhe GmbH (TTK) durchgeführte Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass eine Reaktivierung der Bahnstrecke grundsätzlich förderfähig sein kann, sofern die Investitionskosten in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen bleiben.
Laut TTK könnten einfachere Infrastrukturkonzepte (z.B. Verzicht auf Trogbauwerke) erhebliche Kosteneinsparungen ermöglichen. Laut TTK-Gutachter Dr.-Ing. Nicolas Kämmerling seien diese Trogbauwerke aufgrund des rechtlichen Status der Trasse nicht notwendig.
Die Gutachter der TTK sehen in der Reaktivierung eine realistische Chance auf eine wirtschaftlich tragfähige und verkehrlich sinnvolle Verbindung zwischen Bocholt und Münster. Die Westmünsterlandbahn sieht den Bau des RS2 höchst kritisch, da dieser eine Reaktivierung der Bahn über Jahre unmöglich machen würde. Gerade im Hinblick auf die verkehrspolitischen Ziele – von Klimaschutz über die Förderung des öffentlichen Verkehrs bis hin zur Verringerung des Individualverkehrs – bedeutet ein Ausbau des Schienennetzes den Schritt hin zu einer echten, nachhaltigen Mobilitätswende in der gesamten Region Westmünsterland.
Aus den oben genannten Gründen beantragen wir einen fachlichen Dialogprozess, der realistische Daten und Infrastruktur- und Betriebskonzepte für die Bahn bei Berücksichtigung von Umwelt und Kosten, aber auch von Akzeptanz auf Seiten der Öffentlichkeit Bocholts und der Nachbargemeinden prüft.
Eine umfassende Information der Stadtverordneten und sachkundigen Bürger im Ausschuss für Planung Bau und Verkehr sowie in der Stadtverordnetenversammlung bildet die Grundlage für sinnvolle Entscheidungen für den zukünftigen ÖPNV und für Bocholt.
Mit freundlichen Grüßen
für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bocholt
Gisela Lemkuhl
Jens Uwe Pietzsch
Ausschussmitglieder
Annette Grümer-Weyers
Fraktionssprecherin
